31.8.07

Zwischen Tür und Angel,

Zwischen Tür und Angel,

Hallo liebe Leserin, lieber Leser - Hallo Blog-WegbegleiterIn,
mein Jahr in Frankreich ist vorüber. Wie so oft stehe ich mit einem verzogenen Gesicht da, halb lachend, halb weinend. So viel Freiheit wie in den vergangenen 12 Monaten habe ich wohl höchstens wieder im rosigen Alter von 67, als Rentner. Doch bevor ich mich 47 Jahre in die Zukunft wage, drehe ich meinen Kopf und blicke 12 Monate zurück. Damals war sehr viel ungewiss und ich habe mich in das große Abenteuer Frankreich gestürzt, erst jetzt stelle ich fest wie riskant das Unternehmen eigentlich war, fast ohne jegliche Kenntnisse der Landessprache, ohne große Motivation und dennoch gut vorbereitet loszufahren. Heute, ein Jahr später sehe ich meine Zukunft, wie jemand der mehr als ein Jahr gealtert ist, ich sehe Wolken. Mein Pläne nach München zu gehen sind wiederum sehr ehrgeizig, ein erfolgreiches Studium und auch Geld stehen auf dem Spiel. Eine günstige Wohnung in München zu finden ist schwer nötig und doch bald unmöglich. Die Zulassungsquote von unter 10% für den Studiengang "Molekulare Biotechnologie" spricht für sich, und dennoch, scheue ich nicht den Gegenwind und die Herausforderung. Werde ich sie wiederum meistern können? Ich erinnere mich an einen Satz den mir mal eine Mitschülerin in der 10. Klasse gesagt hat: "Bei Arno sieht es immer sehr chaotisch aus, so als ob er das niemals schaffen würde, und irgendwie klappt es dann doch."

Vergangenheit.

Wer nicht zurückblickt und den gelaufenen Weg vergisst, vergisst auch die Richtung aus der er kam.

Es hat schon was für sich so ein Zimmer, Eines in dem man wenig aufräumt, sondern immer Souvenirs, Postkarten, Briefe usw. in irgendwelche Schubladen "ordnet". Man öffnet eine Schranktür, eine Schachtel, zieht eine Schublade auf und es ist, als würde eine Tür geöffnet in eine vergangene Zeit, hin zu einem vergessenen Moment. Alles ist wieder da, Gefühle, Gerüche, Ängste und Freuden. Man sieht sich selbst diesen Brief schreiben, man hört andere und sich diese Worte reden und fühlt sich selbst weinen. Hat man etwas in der Hand erinnert man sich kurz und doch schweift der Blick nach mehr, nach ständig neuen Augenblicken, Spannendem aus der eigenen Geschichte, die man doch eigentlich kannte und die man jetzt durch ihre Artefakte neu erlebt.

Jahre scheinen wie Sterne, unerreichbar weit und doch kann man sie sehen und sich an ihnen freuen. Es ist eigenartig welch eine Metamorphose ein Mensch über die Jahre eingeht. Wie viel er lernt und was er alles vergisst. Wie sich sein Aussehen verändert, wie Moden kommen und gehen. In jeder Schublade und Schachtel ist man jemand Anderes und doch der Kern blieb immer gleich. In diesen Massen kann man sich leicht verlieren. und niemand kann sich beständig erinnern, niemand ausschließlich über seine Herkunft nachdenken und in der Vergangenheit leben, denn die Zeit läuft unaufhaltsam, rinnt wie Sand einer riesigen Sanduhr durch unsere Finger - schön und rau.

Nur wer begreift was passé, versteht was ist und sieht was kommt.